Was auf den ersten Blick logisch erscheint, hat nunmehr das Bundesverfassungsgericht beschäftigt. In dem Beschluss vom 14.02.2023 zum Aktenzeichen 2 BvR 653/20 musste sich das Bundesverfassungsgericht mit einem verspäteten Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid des Jobcenters beschäftigen. Bei behördlichen Bescheiden oder auch Bußgeldbescheiden für Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr gilt in der Regel eine zweiwöchige Einspruchsfrist. Wird der Einspruch nicht rechtzeitig erhoben und geht der Ausgebungsstelle des Bescheides rechtzeitig zu, wird der Bescheid grundsätzlich rechtskräftig. Rechtsmittel sind dann nicht mehr möglich.

Wird eine solche Einspruchsfrist versäumt, kann die sogenannte „Wiedereinsetzung in den vorigen Stand“ beantragt werden. Wer beispielsweise während einer zweiwöchig laufenden Einspruchsfrist einen Unfall erleidet und vier Wochen stationär im Krankenhaus behandelt werden muss, ist an der rechtzeitigen Einlegung des Einspruchs gehindert. Sobald diese Person wieder genesen und handlungsfähig ist, kann bei der ausgebenden Behörde des Bescheides die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt werden. Diese wird regelmäßig gewährt.

In dem vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fall wurde der Empfänger des Bußgeldbescheides am Tage des Fristablaufs verhandlungsunfähig krank und war nicht in der Lage, seinen beabsichtigten Einspruch einzulegen. Fünf Tage nach seiner Genesung legte er Einspruch ein und beantragte die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Dies wurde von der Behörde, die den Bußgeldbescheid ausgestellt hat, mit dem Argument abgelehnt, der Betroffene hätte auch die Tage vor Ablauf der Frist, zu denen er unstreitig gesund und handlungsfähig war, Einspruch einlegen können. Das AG Diepholz folgte dieser Entscheidung zunächst. Nachdem der Betroffene den Rechtsweg ausgeschöpft hatte, legte er Verfassungsbeschwerde ein.

Das Bundesverfassungsgericht hat in dem oben genannten Beschluss des Verfassungsbeschwerde stattgegeben. Der Betroffene wurde durch die Entscheidung des AG Diepholz in seinem Recht auf rechtliches Gehör verletzt. Das Bundesverfassungsgericht führte in aller Deutlichkeit aus, dass gesetzte Fristen grundsätzlich bis zuletzt ausgenutzt werden dürfen. Es kann dem Betroffenen nicht vorgeworfen werden, dass er Tage vor dem Fristablauf nicht tätig geworden ist. Wenn der Gesetzgeber oder die Behörde die Entscheidung trifft, dass eine Frist von beispielsweise zwei Wochen gilt, dann muss diese Entscheidung auch gegen die Behörde gelten. Wer also am Tage des Fristablaufs handlungsunfähig ist, ist nicht anders zu behandeln als Jemand, der für einen längeren Zeitraum bereits kurz nach Beginn der Frist handlungsunfähig wird.

Für den Fall, dass Sie aus zwingenden Gründen an einer fristgerechten Einlegung eines Einspruchs oder Widerspruchs gegen einen behördlichen Bescheid gehindert sind, sollten Sie zur Vermeidung von Nachteilen durch Eintritt der Rechtskraft umgehend und kurzfristig einen Termin mit unserer Kanzlei Am Neutor vereinbaren. Herr Rechtsanwalt Christian Zumdick steht auch kurzfristig zur Überprüfung der Rechtsaussichten zur Verfügung. Gern können Sie uns hierzu den Bescheid, gegen den Sie sich wenden wollen und die Nachweise Ihrer Verhinderung auch vorab per Email zukommen lassen.