Bei Verkehrsunfällen auf Parkplätzen kommt es regelmäßig zu gerichtlichen Auseinandersetzungen. Da Parkplätze von den Oberlandesgerichten, so beispielsweise vom Oberlandesgericht Hamm, als „Sonderfläche“ eingestuft werden, auf der besondere Rücksicht zu nehmen ist, wird über die Form der Rücksicht oft vor Gericht gestritten. Von der gegnerischen KfZ-Haftpflichtversicherung wird in der Regel ein Mitverschulden eingewandt. Über die Höhe wird dann vor Gericht gestritten.

Gegenstand vieler Urteile war auch die Frage, ob und inwieweit die Vorschriften der Straßenverkehrsordnung (StVO) grundsätzlich Anwendung finden. Nunmehr hat der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 22.11.2022, Aktenzeichen: VI ZR 344/22, eine wegweisende Entscheidung getroffen. Der Grundsatz „rechts vor links“ aus der Straßenverkehrsordnung gilt auf öffentlichen Parkplätzen immer nur dann, wenn die Fahrbahnen auf den Parkplätzen eindeutig Straßencharakter haben. Hintergrund ist, dass das Gebot „rechts vor links“ auf die zügige Abwicklung fließenden Verkehrs im Straßenverkehr zielt. Da grundsätzlich „rechts vor links“ gelte und sich alle Verkehrsteilnehmer daran zu halten haben, können auf öffentlichen Straßen der Verkehr so zügig geregelt werden und es kommt zügig zu einem fließenden und abfließenden Verkehr.

Parkplätze stellen regelmäßig keine Straßen dar. Die Fahrbahn auf Parkplätzen dienen in der Regel auch nicht der zügigen Abwicklung des fließenden Verkehrs.

Die Regel „rechts vor links“ könne also nur dann gelten, wenn bestimmte Strecken aufgrund der örtlichen Gegebenheiten eindeutig erkennbar der Zu- und Abfahrt dienten und Straßencharakter haben.

Auf den anderen Fahrbahnen von Parkplätzen steht nicht die Abwicklung des abfließenden Verkehrs im Vordergrund, sondern vielmehr das Ein- und Ausparken, sowie rangieren. Vor diesem Hintergrund gilt dort auch nicht grundsätzlich die Regel „rechts vor links“, sondern in der Straßenverkehrsordnung verankerte Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme.

Auf den Fahrbahnen von Parkplätzen dürfen Sie sich als Benutzer des Parkplatzes also nicht grundsätzlich auf „rechts vor links“ verlassen, sondern müssen sich im Zweifel mit den von links oder rechts kommenden anderen Benutzern des Parkplatzes über die Vorfahrt verständigen.

Es ist davon auszugehen, dass es auch zukünftig durch gegnerische KfZ-Haftpflichtversicherungen versucht wird, den „straßenähnlichen Charakter“ oder das „Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme“ dazu auszunutzen, möglicherweise berechtigte Schadensersatzansprüche zu kürzen.

Sollten Sie also in einen Verkehrsunfall verwickelt worden sein und insbesondere in einen Verkehrsunfall auf einen Parkplatz, sollten Sie zeitnah anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen. Ihre Kanzlei Am Neutor bietet Ihnen durch Herrn Rechtsanwalt Christian Zumdick eine zeitnahe, kompetente Ersteinschätzung. Bitte vereinbaren Sie einen persönlichen oder telefonischen Besprechungstermin.