Neben privaten und gewerblichen Eigentümern von Grundstücken und Immobilien bestehen Verkehrssicherungspflichten. Jeder Eigentümer ist grundsätzlich verpflichtet, Gefahren für andere, die von seiner Immobilie oder von seinem Grundstück ausgehen, so gering wie möglich zu halten. Praktische Auswirkungen sind beispielsweise die Schneeräumpflichten und Streupflichten bei Glatteis.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seinem Urteil vom 21.09.2023 zum Aktenzeichen VI ZR 357/21 nunmehr die Frage zu klären gehabt, ob eine Kommune auch auf Wanderwegen im Wald besondere Verkehrssicherungspflichten treffen. Dem zu entscheidenden Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Ein Mann wurde bei einer Wanderung auf dem Harzer Hexenstieg durch einen herabstürzenden Baum schwer verletzt. Der Unfall ereignete sich im Juli 2018 bei Thale. Das Unfallopfer, das seither querschnittsgelähmt ist, wirft der Stadt vor, ihre Verkehrssicherungspflichten verletzt zu haben. Der Baum sei deutlich erkennbar abgestorben gewesen. Der Mann verlangt u. a. ein Schmerzensgeld von mehr als 200.000,00 €. Die Klage des Mannes blieb durch alle Instanzen hinweg erfolglos.

Das Landgericht Magdeburg entschied 2020, dass das Betreten der Waldwege auf eigene Gefahr erfolge, auch wenn es sich um einen touristisch stark frequentierten Weg, wie den Harzer Hexenstieg, handele. Bei umstürzenden Bäumen handele es sich „um waldtypische Gefahren“, mit denen Wanderer rechnen müssten. „Würde man eine gefällige Gefahrlosigkeit der Wanderwege fordern, müsste man auf reizvolle Routen im Bergland ebenso wie auf einsame Waldpfade im Flachland aus Haftungsgründen verzichten“, so führte das Landgericht Magdeburg aus.

Das Oberlandesgericht Naumburg und der Bundesgericht bestätigen das Urteil. Das Urteil wird für touristische Regionen mit Waldbestand weitreichende Konsequenzen haben. Zum einen wird die Gefahr einer Haftung für Unfälle reduziert und zum anderen werden den Touristen und Nutzern von Wanderwegen eigene Pflichten zur Wertung von Gefahren auferlegt.

Das Urteil bedeutet jedoch nicht, dass auch Kommunen bei von ihnen eingerichteten touristischen Attraktionen und/oder Wanderwegen vollends aus der Haftung entlassen sind. Insbesondere bei grober Fahrlässigkeit dürfte auch zukünftig eine Haftung möglich sein.

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