Das zweitinstanzliche Landesarbeitsgericht Hamm hat in seiner Entscheidung vom 27.01.2023 zum Aktenzeichen 13 Sa 1907/22 entschieden, dass eine fristlose Kündigung auch ohne Abmahnung einer angestellten Arbeitnehmerin rechtmäßig sein kann, die einen sogenannten „Arbeitszeitbetrug“ von 10 Minuten begangen und diesen dann zunächst auch noch geleugnet hat.
Im entschiedenen Fall hatte eine zu 100 % schwerbehinderte Arbeitnehmer, die als Raumpflegerin angestellt war, sich bei Beginn ihrer Tätigkeit über das Zeiterfassungssystem eingeloggt. Nach etwa einer Stunde verließ die Arbeitnehmerin die Arbeitsstelle und ging in ein gegenüber ihrer Arbeitsstelle liegendes Café, wo sie für ca. 10 Minuten einen Kaffee zu sich nahm. Sie loggte sich während dieser 10 Minuten nicht aus dem Arbeitszeiterfassungssystem an der Arbeitsstätte aus.
Von Seiten des Arbeitgebers darauf angesprochen, wies die Arbeitnehmerin den Arbeitszeitbetrug zurück und behauptete, das Gebäude nicht verlassen zu haben, sondern sich anderswo in der Betriebsstätte aufgehalten zu haben. Der Arbeitgeber konfrontierte sie daraufhin mit der Tatsache, dass er wohl Fotografien habe. Daraufhin räumte die Arbeitnehmerin die 10-minütige Kaffeepause ein. Ebenso räumte sie ein, dass sie sich aus „Versehen“ nicht ausgeloggt habe. Der Arbeitgeber kündigte der Arbeitnehmerin fristlos. Aufgrund der Schwerbehinderung zu 100 % hat er dazu die Zustimmung des Inklusionsamtes eingeholt.
Die angestellte Arbeitnehmerin erhob Klage gegen die Kündigung. Sie hielt die Kündigung für unverhältnismäßig, da es sich um ein einmaliges Versehen handelte.
Das Landesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung nunmehr die Kündigung bestätigt. Bei einer vorsätzlichen Handlung der Arbeitnehmerin, nämlich dem vorsätzlichen Missbrauch der Zeiterfassung, sei ein wichtiger Grund gegeben, der eine fristlose Kündigung rechtfertige. Der Vertrauensbruch durch die Arbeitnehmerin sei erheblich. Begründet wurde dies unter anderem damit, dass sich der Arbeitgeber grundsätzlich auf eine korrekte Dokumentation der Arbeitszeit durch seine Arbeitnehmer im Zeiterfassungssystem verlassen müsse. Ebenso sei erschwerend hinzugekommen, dass die Arbeitnehmerin das Verhalten nach der Tat noch geleugnet und versucht zu verschleiern hat. Aus diesem Grund sei auch eine vorherige Abmahnung entbehrlich gewesen. Aufgrund des Verhaltens der Arbeitnehmerin, nachdem sie beim Arbeitszeitbetrug beobachtet wurde, lasse erkenne, dass eine Abmahnung wohl hier nicht zu einer Änderung des Verhaltens der Arbeitnehmerin geführt hätte.
Das Landesarbeitsgericht Hamm hat in seiner Entscheidung einmal mehr deutlich gemacht, dass auch vermeintlich geringfügige Fehler im schlimmsten Fall zu einer fristlosen Kündigung führen können.
Für den Fall, dass Sie als angestellter Arbeitnehmer mit einer solchen Kündigung bedroht sind, bietet Ihnen die Kanzlei Am Neutor mit Herrn Rechtsanwalt Christian Zumdick eine zeitnahe Einschätzung und Überprüfung der Kündigung sowie die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Kündigungsgründe an. Die fristlose Kündigung kann unter Umständen auch Auswirkungen auf den Erhalt von Arbeitslosengeld I haben. Ggf. wird eine Sperrzeit von drei Monaten angeordnet. Bitte beachten Sie, dass eine Kündigungsschutzklage grundsätzlich innerhalb von drei Wochen nach Erhalt der Kündigung bzw. deren Zugang erhoben werden muss.
Sollten Sie als Arbeitgeber Unregelmäßigkeiten und Verstöße gegen arbeitsvertragliche Pflichten Ihrer Mitarbeiter feststellen, bietet Ihnen Herr Rechtsanwalt Christian Zumdick eine Ersteinschätzung, ob und inwieweit eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung rechtlich zulässig ist. Ebenso berät Sie Ihre Kanzlei Am Neutor umfassend über andere arbeitsrechtliche Maßnahmen, zu denen Sie greifen können. Vereinbaren Sie hierzu einen telefonischen oder gern auch persönlichen Besprechungstermin.