Grundsätzlich ist klar, dass man für Schäden, die man z. B. an einem Mietfahrzeug selbst verursacht, haftet. Wie es jedoch bei Schäden ist, wo die Verursachung unklar ist und es somit auf die Regeln der Beweislast ankommt, hat nun ein Fall des Landgerichts Münster (Urteil vom 11.10.2024 zum Aktenzeichen 10 O 52/24) gezeigt.
Vermieter von Fahrzeugen tragen grundsätzlich die Beweislast dafür, dass das Fahrzeug vor der Übergabe an den Mieter unbeschädigt war. Laut dem Landgericht Münster kann diese Beweislast nicht umgekehrt werden, auch nicht durch vertragliche Regelungen im Mietvertrag.
Im vorliegenden Fall hat ein Mann einen Sprinter gemietet. Der Mitarbeiter der vermietenden Firma trug einige Vorschäden im Innenraum des Fahrzeuges in den Mietvertrag ein, ohne das Fahrzeug selbst zu inspizieren; er stützte sich allein auf die Angaben im System. Nach der Rückgabe stellte die Vermieterin bislang „nicht dokumentierte“ Schäden an der Karosserie fest und forderte vom Mieter eine Zahlung von über 11.000,00 €, untermauert durch Fotoaufnahmen des Fahrzeuges. Der Mieter bestritt, für die Schäden verantwortlich zu sein.
Das Landgericht Münster entschied zugunsten des Mieters. Die Vermieterin konnte nicht nachweisen, dass der Sprinter bei der Übergabe unbeschädigt war und trug somit die Beweislast. Weder der Mietvertrag noch andere Dokumente lieferten Anhaltspunkte oder Indizien, die den Zustand des Fahrzeuges vor der Anmietung belegten, da der Mitarbeiter den Zustand zum Mietbeginn nicht geprüft hatte. Obwohl die Schäden, deren Ersatz die Vermieterin forderte, im Mietvertrag nicht vermerkt und unstrittig vorhanden waren, hielt das Gericht dies nicht für ausschlaggebend. Der Mieter hatte plausibel dargelegt, dass er die sichtbaren Schäden für den typischen Zustand eines Miettransporters hielt und davon ausging, dass diese der Vermieterin bekannt seien. Auch seien die Beschädigungen laut Gericht für ein Nutzfahrzeug weder ungewöhnlich noch gravierend, was durch die Fotos gestützt wurde.
Der Mietvertrag verpflichtete den Mieter, das Fahrzeug vor Fahrtantritt auf Schäden zu prüfen und etwaige Neuschäden dem Vermieter oder der Hotline zu melden. Das Landgericht Münter entschied jedoch, dass diese Klausel keine Relevanz für die Beweislast habe und keine Beweislastumkehr rechtfertige. Eine solche Regelung würde gegen § 309 Nr. 12 BGB verstoßen, der es verbietet, die Beweislast durch allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) zum Nachteil des Vertragspartners zu ändern. Da der Mietvertrag regelmäßig von der Vermieterin in ihrem Geschäftsbetrieb genutzt wird, gilt er als AGB. Nach der Rechtsprechung hat die Verpflichtung des Mieters zur Schadensprüfung und Meldung daher keine Beweiskraft zu Lasten des Mieters. Das Gericht betonte, dass dem Vermieter hieraus keinerlei Beweiserleichterungen zugestanden werden.
Das Urteil des Landgerichts Münster zeigt eindrucksvoll, wie wichtig die richtige Beurteilung der Beweislast ist. Auch vermeintlich eindeutige Klauseln in allgemeinen Geschäftsbedingungen können unwirksam sein und entgegen einer möglichen eindeutigen Auslegung durch den Verwender gerade keine Beweiserleichterung bieten. Die genaue Prüfung von Verträgen und allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie die Beurteilung der Beweislast sind von erheblicher Bedeutung für die Durchsetzung Ihrer oder die Abwehr fremder Ansprüche.
Mit über 20-jähriger Erfahrung bietet Ihnen Herr Rechtsanwalt Christian Zumdick von Ihrer Kanzlei Am Neutor eine kompetente Rechtsberatung auf dem Gebiet des Vertragsrechts. Gern stehen wir Ihnen nach Terminsvereinbarung für ein erstes Beratungsgespräch zur Verfügung.