Grundsätzlich herrscht in Deutschland Testierfreiheit. Dies bedeutet, dass jeder Mensch in seinem Testament frei darüber entscheiden darf, wie sein Vermögen im Erbfall verteilt werden soll. Es gibt jedoch auch Fälle, in denen Teile eines Testamentes sittenwidrig sind.

Das OLG Hamm hat in seinem Urteil vom 19.07.2023 zum Aktenzeichen 10 U 58/21 eine entsprechende Entscheidung gefällt. Das OLG Hamm hat klargestellt, dass eine Bedingung in einem Testament, wonach die Tochter eine Immobilie nur erben darf, wenn ihr Lebensgefährte diese Immobilie nicht mehr betritt, nichtig ist.

Im zu entscheidenden Fall, in dem die Parteien bis zum Erbfall familiär zusammenlebten, übte nach der Entscheidung des OLG Hamm die nur bedingte Zuwendung im Testament einen unzumutbaren Druck auf die Tochter der Erblasserin aus, sich in einem höchstpersönlichen Bereich auf eine bestimmte Art und Weise zu verhalten. Der Fall betraf eine Klägerin, die als einzige Tochter ihre verstorbene Mutter beerbt und ein Hausgrundstück mit einem Einfamilienhaus in Bochum geerbt hat. Die Mutter lebte bis zu ihrem Tod in einer Wohnung des Hauses, während die Tochter mit ihrer Enkelin in einer anderen Wohnung lebte. Der langjährige Lebensgefährte der Tochter hatte eine eigene Wohnung in der Nachbarschaft, aber er ging regelmäßig in dem Haus ein und aus, war der Ziehvater der Enkelin und führte auch Reparaturen im Haus durch. Es gab keinerlei Streit oder Zerwürfnisse, so das OLG Hamm und die Parteien lebten wie eine Familie zusammen.

Durch notarielles Testament setzte die Erblasserin ihre Tochter und Enkelin als Erbin ein, setzte jedoch zwei Bedingungen. Erstens war es den Erbinnen untersagt, das Grundstück an den Lebensgefährten der Tochter zu übertragen und zweitens sollten die Erbinnen dem Lebensgefährten dauerhaft untersagen, das Grundstück zu betreten. Es wurde ein Testamentsvollstrecker eingesetzt, um das Betretungsverbot zu überwachen und bei einem Verstoß das Haus zu veräußern, wobei der Erlös zwischen der Tochter und der Enkelin aufgeteilt und ein Teil für gemeinnützige Zwecke verwendet werden sollte.

Die beiden Erbinnen beantragten vor dem LG Bochum die Feststellung, dass das Betretungsverbot sittenwidrig und daher nichtig sei. Das LG Bochum gab der Klage statt und erklärte das Betretungsverbot für ungültig. Gegen diese Entscheidung legte der Testamentsvollstrecker Berufung beim OLG Hamm ein. Das OLG Hamm stellte fest, dass die Testierfreiheit grundsätzlich die Möglichkeit bietet, die Erbfolge nach den Vorstellungen des Erblassers zu gestalten und das Sittenwidrigkeit daher nur in sehr engen Ausnahmefällen angenommen werden kann. Es kann nur dann eine Sittenwidrigkeit angenommen werden, wenn die Bedingungen einer Zuwendung im Testament einen unzumutbaren Druck auf die Erben ausübt, sich in einem ganz höchstpersönlichen Bereich auf eine bestimmte Art und Weise zu verhalten.

Dies war im dargestellten Fall nach der Einschätzung des OLG Hamm zutreffend. Die Bedingung war daher sittenwidrig und nichtig.

Die Entscheidung des OLG Hamm zeigt, dass auch bei der großzügig zu betrachtenden Testierfreiheit Grenzen gesetzt sind. Daher ist die rechtskonforme Erstellung eines Testamentes unverzichtbar.

Herr Rechtsanwalt Zumdick berät Sie mit zwei Jahrzehnten Erfahrung im Erbrecht umfassend über die Möglichkeiten der Errichtung eines Testamentes. Ein Testament kann notariell errichtet werden, muss allerdings nicht notariell errichtet werden. Durch die umfassende Beratung Ihrer Kanzlei Am Neutor wird sichergestellt, dass Ihre Wünsche für den Fall Ihres Todes rechtssicher hinterlegt werden. Bitte vereinbaren Sie für Fragen rund um das Erbrecht oder Ihr Testament einen ausführlichen Besprechungstermin mit Herrn Rechtsanwalt Christian Zumdick.

Auch für den Fall, dass Sie, wie im vorliegenden Fall des OLG Hamm, in einem Testament nur „bedingt“ bedacht worden sind, steht Ihnen Herr Rechtsanwalt Christian Zumdick für eine Beratung hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Bedingungen nach Terminvereinbarung gern zur Verfügung