Hinlänglich bekannt ist, dass man bei der Teilnahme mit einem Kraftfahrzeug am Straßenverkehr unter Einfluss von Alkohol nicht nur seine Fahrerlaubnis verlieren kann, sondern auch eine sogenannte medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU oder kurz „Idiotentest“) angeordnet werden kann. Dies ist ab einem gewissen Grad der Alkoholisierung, ggf. in Verbindung mit sogenannten Ausfallerscheinungen, wie den sprichwörtlichen „Schlangenlinien“ oder verursachten Verkehrsunfällen in der Regel der Fall.

Das OLG Sachsen-Anhalt hatte nun einen Fall zu entscheiden, in dem ein Radfahrer, der mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,85 Promille einen gemeinsamen Fuß- und Radweg befahren hat und von der Fahrerlaubnisbehörde die Anordnung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens (MPU) bekam.

In dem vorliegenden Fall kam der Radfahrer, der wohlbemerkt nicht die Straße benutzte, der Aufforderung nicht nach, woraufhin ihm die Fahrerlaubnisbehörde mit sofortiger Wirkung die Fahrerlaubnis für die Fahrzeugklassen AM, A1, A, B und L entzog.

Hiergegen wehrte sich der Radfahrer und argumentierte, dass er nicht am Straßenverkehr teilgenommen habe. Er habe sich mit seinem Fahrrad auf einem Fuß- und Radweg befunden. Er ist davon ausgegangen, dass es sich nur um einen Fußgängerweg handelte. Der Radfahrer argumentierte weiter, dass Trunkenheitsfahrten im Straßenverkehr mit Kraftfahrzeugen deutlich höheres Gefährdungspotenzial als bei der Nutzung von Fahrrädern auf Fuß- und Radwegen unter dem Einfluss von Alkohol darstellen würden und deswegen die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung unverhältnismäßig sei.

Das Oberverwaltungsgericht Saschen-Anhalt hat in seinem Beschluss vom 15.08.2022 zum Aktenzeichen 3 M 65/22 diese Argumentation zurückgewiesen. Auch Fußgängerwege gehörten neben der Straße zum Straßenverkehr. Auch gemeinsam genutzte Rad- und Fußwege gehörten zum allgemeinen Straßenverkehr. Wer diese benutze, nehme unzweifelhaft am öffentlichen Straßenverkehr auch teil.

Auch der Einwand von dem Radfahrer in dem vorgenannten Verfahren, dass eine geringere Gefahr als von einem motorisierten Verkehrsteilnehmer ausgehe, hat das Gericht nicht dazu bewegt, die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung als unverhältnismäßig anzusehen. Der Radfahrer habe mit einem Promillewert von 1,85 deutlich über der Grenze einer absoluten Fahruntüchtigkeit, welche bei 1,6 Promille liegt, gelegen. Wer in diesem Zustand ein Fahrzeug im Straßenverkehr führte, stelle eine erhebliche Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer dar. Dabei sei es unerheblich, ob ein Fahrrad oder ein Kraftfahrzeug geführt werde.

Damit kam das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt zu dem Ergebnis, dass die Anordnung einer MPU durch die zuständige Straßenverkehrsbehörde nicht nur ermessensfehlerfrei und verhältnismäßig war, sondern die Anordnung einer MPU auch die einzig ermessensfehlerfreie Entscheidung gewesen war, so dass die Straßenverkehrsbehörde die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung vornehmen musste.

Der vom Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt entschiedene Fall zeigt, dass auch die Benutzung eines „normalen“ Fahrrades, also nicht nur eines E-Bikes oder eines Pedelecs, in einem erheblich alkoholisierten Zustand nicht nur zu der Verwirklichung von Straftatbeständen und den Verlust der Fahrerlaubnis führen kann, sondern auch die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung bei der Benutzung eines Fahrrades auch auf dem Bürgersteig oder Radweg im stark alkoholisierten Zustand nach sich ziehen kann. Entscheidend sind in solchen Fällen jedoch immer die Umstände des Einzelfalls.

Die Anordnung der Straßenverkehrsbehörde erfolgt in der Regel zeitversetzt zu dem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren.

Für den Fall, dass Ihnen eine Trunkenheitsfahrt vorgeworfen wird, ist es also auch hinsichtlich Ihrer Fahrerlaubnis von ungemeiner Bedeutung, dass frühzeitig in dem laufenden Ermittlungsverfahren gegen Sie wegen Trunkenheit im Verkehr und ggf. weiteren Delikten die richtigen juristischen Entscheidungen getroffen und entsprechende Schritte eingeleitet werden. Im Falle des Vorwurfes einer Trunkenheitsfahrt wird daher empfohlen, keine Angaben zur Sache zu machen und sich auf sein Aussageverweigerungsrecht zu berufen. Danach sollten Sie anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen.

Herr Rechtsanwalt Christian Zumdick von der Kanzlei Am Neutor steht Ihnen als Ansprechpartner für ein Erstgespräch gern zur Verfügung.