Mit diesem Fall hat sich das OLG Köln in seinem Urteil vom 27.08.2024 zum Aktenzeichen 3 U 81/23 beschäftigt:
Eine Haftpflichtversicherung versuchte, eine Mitfahrerin auf dem Rücksitz haftbar zu machen, nachdem diese bei einem schweren Verkehrsunfall nicht angeschnallt war. Sie argumentierte, dass die unangeschnallte Passagierin durch den Aufprall bei einem Verkehrsunfall im Fahrzeug nach vorne geschleudert worden sei und dabei die Beifahrerin schwer verletzt habe. Das OLG wies die Klage jedoch ab und stellte fest, dass die Schuld allein beim betrunkenen Unfallverursacher lag. Dennoch sei eine Haftung grundsätzlich möglich.
Der Fall beruht auf einem schweren Verkehrsunfall, bei dem ein Autofahrer mit 1,7 Promille Alkohol im Blut und einer Geschwindigkeit von 155 km/h (bei erlaubten 70 km/h) auf die Gegenfahrbahn geriet und mit einem anderen Fahrzeug kollidierte. Der Fahrer verstarb und die Beifahrerin im entgegenkommenden Auto erlitt schwere Verletzungen. Auf dem Rücksitz des Fahrzeuges saß eine Frau, die nicht angeschnallt war. Die Haftpflichtversicherung des Unfallfahrers zahlte rund 380.000,00 € Schadensersatz und Schmerzensgeld, forderte aber im Regressweg etwa 270.000,00 € von der unangeschnallten Mitfahrerin. Sie argumentierte, dass deren Knie die Wirbelsäulenverletzung der Beifahrerin verursacht hätten, weil sie bei der Kollision nach vorne geschleudert wurde.
Das erstinstanzlich zuständige LG Köln hatte bereits festgestellt, dass die Anschnallpflicht nach § 21 a Abs. 1 S. 1 StVO keinen drittschützenden Charakter hat. Das OLG Köln bestätigt dies in seinem vorgenannten Urteil. Es stellte klar, dass die Anschnallpflicht gemäß § 21 Abs. 1 StVO nicht nur dem Schutz des Anschnallpflichtigen, sondern auch dem Schutz anderer Fahrzeuginsassen dient. In Übereinstimmung mit dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) könne die Versicherung grundsätzlich Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit der Gurtpflicht geltend machen.
Die Richterinnen und Richter führten aus, dass die Ausweitung der Gurtpflicht auf den Rücksitz 1975 ausdrücklich dem Schutz aller Verkehrsteilnehmer diente. Dabei wurde in der Gesetzesbegründung festgehalten, dass Sicherheitsgurte auch verhindern sollen, dass Fahrzeuginsassen bei einer Kollision gegen andere Insassen geschleudert werden.
Obwohl die Straßenverkehrsordnung (StVO) generell auf den Schutz aller Verkehrsteilnehmer abzielt, sah das OLG Köln im konkreten Fall keine Ausgleichspflicht der Frau auf dem Rücksitz gemäß §§ 840 Abs. 1, 421 BGB. Selbst wenn sie die Verletzung der Beifahrerin mitverursacht hätte, überwiege das Fehlverhalten des betrunkenen Fahrers so stark, dass ein Mitverschulden der Passagierin nicht ins Gewicht falle.
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