Bekanntlich wird im europäischen und insbesondere auch im deutschen Recht der Verbraucherschutz sehr hoch angesiedelt. Kunden haben bei Abschluss von Verträgen grundsätzlich dann ein Widerrufsrecht, wenn außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers Verträge geschlossen werden. Dann steht dem Verbraucher ein 14-tägiges Widerrufsrecht zu. Hierüber ist der Verbraucher aufzuklären und zu belehren. Fehlt eine Widerrufsbelehrung oder erfolgt diese nicht ordnungsgemäß, verlängert sich das Widerrufsrecht des Verbrauchers nach Ablauf der 14-tägigen Frist um weitere 12 Monate.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat nun ein mehr als verbraucherfreundliches Urteil gefällt. Auch nach Erbringung von Dienstleistungen kann ein Widerruf erklärt werden. Bereits erbrachte Dienstleistungen muss der Verbraucher dann noch nicht einmal bezahlen. Wenn ein Unternehmen vergisst, den als Verbraucher handelnden Kunden über sein Widerrufsrecht aufzuklären, muss es trotz vollständig erbrachter Leistungen auf eine Vergütung verzichten, wenn der Kunde den Vertrag widerruft. Dies entschied der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 17.05.2023, Rechtssache C-97/22.

In dem entschiedenen Fall hatte ein Verbraucher mit einem Unternehmen einen Vertrag über die Erneuerung der Elektroinstallation in seinem Haus abgeschlossen. Das Unternehmen versäumte es jedoch, den Kunden über sein Widerrufsrecht zu informieren, da der Vertrag in der Immobilie des Kunden geschlossen wurde. Das Unternehmen führte die Arbeiten durch, jedoch weigerte sich der Verbraucher zu bezahlen. Er hatte stattdessen den Vertrag widerrufen. Das Unternehmen hatte nicht über das Widerrufsrecht belehrt und der Widerruf erfolgte noch innerhalb der 12-monatigen Widerrufsfrist. In Folge dessen hatte das Unternehmen keinen Anspruch mehr auf Vergütung.

Das erstinstanzliche nationale Landgericht Essen stimmte dem Verbraucher zu, fragte sich jedoch, ob nicht Wertersatz geleistet werden müsse. Anderenfalls könne dies gegen das Verbot der ungerechtfertigten Bereicherung verstoßen. Aus diesem Grund wandte sich das Landgericht an den Europäischen Gerichtshof und wollte die Frage geklärt haben, ob Artikel 14 Abs. 2 der Verbraucherschutzrichtlinie RL 2011/83 so ausgelegt werden könne, dass der Verbraucher, der eine Vertragserfüllung widerruft, tatsächlich keine Vergütung zahlen muss, wenn ihm das Unternehmen nicht oder nicht richtig über sein Widerrufsrecht belehrt hat.

Der Europäische Gerichtshof beantwortete die Frage des Landgerichts Essen eindeutig mit “ja“. Gemäß Sinn und Zweck der Richtlinie sollten dem Verbraucher keine Kosten entstehen, einschließlich Kosten von Wertersatz. Da die Belehrung über das Widerrufsrecht fehle, muss das Unternehmen das Risiko des Verlustes tragen. Der Verbraucherschutz stehe letztendlich im Vordergrund. Wenn also dem Verbraucher Kosten entstehen könnten, obwohl er nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht aufgeklärt wurde, würde dies das hohe Niveau des Verbraucherschutzes gefährden.

Ein Wertersatz seitens des Verbrauchers in einem solchen Fall sei nicht mit der Verbraucherschutzrichtlinie vereinbar, so der Europäische Gerichtshof. Hier trage der Unternehmer die Verantwortung.

Für den Fall, dass Sie außerhalb von Geschäftsräumen einen Vertrag geschlossen haben und die geschuldeten Leistungen von dem beauftragten Unternehmen bereits erbracht worden sind, könnte Ihnen möglicherweise ein Widerrufsrecht zustehen. Ihre Kanzlei Am Neutor überprüft Ihre Rechte aus den geschlossenen Verträgen. Insbesondere kann rechtssicher überprüft werden, ob die Widerrufsbelehrung rechtmäßig ist oder nicht. Hier werden strenge Maßstäbe angesetzt.

Bitte vereinbaren Sie einen Termin mit Herrn Rechtsanwalt Christian Zumdick. Gern können Sie uns auch vorab per Email Ihre Vertragsunterlagen zum Zwecke der Prüfung übersenden.