In der Praxis kommt es nahezu täglich vor, dass man Werbung jedweder Art in seinem Briefkasten findet. Dabei kann es sich um Flyer von Lieferdiensten, kostenlosen Sonntagszeitungen oder ähnlichen Produkten handeln.

Wer solche kostenlose Werbung nicht erhalten möchte, kann sich in der Regel einfach mit einem entsprechenden Aufkleber auf dem Briefkasten schützen. Es ist in der Rechtsprechung zwischenzeitlich anerkannt, dass ein Aufkleber mit dem Hinweis „Bitte keine Werbung einwerfen!“ oder „Einwurf von Werbung verboten!“ hiergegen schützt. Wird trotzdem Werbung in einen solchen Briefkasten eingeworfen, so kann das Unternehmen, das die Werbung in den Briefkasten eingebracht hat, abgemahnt werden und im Zweifel auch auf Unterlassung verklagt werden. Gegenstand der Klage ist der Unterlassungsanspruch unter Androhung eines Ordnungsgeldes, welches in der Regel auch durch die örtlich zuständigen Gerichte ausgeurteilt wird.

In einem nun vom AG München entschiedenen Fall (AG München, Urteil vom 18.03.2022, Aktenzeichen 142 C 12408/21) untersagte das Amtsgericht München einem Umzugsunternehmen, Werbematerial auf der Briefkastenanlage oder vor dem Hauseingang des vom Kläger bewohnten Mehrfamilienhauses abzulegen. Laut Pressemitteilung des AG München vom 06.03.2023 wurde dem Umzugsunternehmen für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000,00 € angedroht, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten.

Der besondere Fall war hier, dass die Werbeflyer des Umzugsunternehmens nicht in den Briefkasten des Klägers eingeworfen worden sind, sondern im Eingangsbereich des Hauses in eine Ritze zwischen einem Briefkasten und einem darunter liegenden Spalt der Briefkastenanlage gesteckt worden sind. Dies reichte für das AG München als Verstoß gegen den auf sämtlichen Briefkästen enthaltenen Hinweis „Bitte keine Werbung einwerfen“ aus. Das Gericht führte aus:

„Dem Kläger steht ein Anspruch auf Unterlassung aus den §§ 823 Abs. 1, 863 BGB i. V. m. § 1004 BGB analog zu. Der Kläger wurde durch die Beklagte in seinem Besitz bzw. Mitbesitz rechtswidrig gestört, es besteht Widerholungsgefahr und die Beklagte ist Störerin. Eine Besitzstörung ist grundsätzlich anzunehmen durch das Einwerfen von Werbeflyern, wenn, wie hier erkennbar zu verstehen gegeben wird, der Einwurf von Werbung nicht erwünscht ist. Dem Wohnungsbesitzer steht das Recht aus § 862 BGB zu, sich gegen eine Beeinträchtigung (…) zur Wehr zu setzen. Zwar wurde im vorliegenden Fall der Werbeflyer nicht in den dem Kläger zugewiesenen Briefkasten gesteckt; der Kläger wurde jedoch jedenfalls an seinem Mitbesitz an der Briefkastenanlage und am Eingangsbereich des Mehrfamilienhauses gestört. Die Beklagte ist mittelbare Störerin, da sie die Flyer der gegenständlichen Art unstreitig auch im streitgegenständlichen Zeitraum in München hat verteilt.“

Das Gericht nahm weiterhin an, dass nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises davon auszugehen sei, dass die Handzettel auch beim Kläger im vorliegenden Fall an der Briefkastenanlage hinterlegt wurden. Dass rein theoretisch Dritte diese Werbeflyer hätten aufsammeln können und an der Briefkastenanlage des Klägers hätten anbringen können, steht nach Ansicht des AG München der Bejahung des Anscheinsbeweises nicht entgegen.

Das Gericht führte allerdings aus, dass es dem werbenden Unternehmen nicht gelungen sei, eine atypische Situation im konkreten Fall zu beweisen, die ernsthaft die Möglichkeit nahe lege, dass Dritte und nicht das vom Umzugsunternehmen beauftragte Werbeunternehmen die Flyer dort hinterlegt hätten.

Die Entscheidung des AG München macht deutlich, dass man sich effektiv gegen unerwünschte Werbung im oder am eigenen Briefkasten wehren kann. Unterlassungsansprüche können bei entsprechenden Hinweisen am Briefkasten auch gerichtlich durchgesetzt werden.

Für den Fall, dass Sie trotz entsprechender Hinweise an Ihrem Briefkasten unerwünschte Werbung erhalten, können und sollten Sie sich hiergegen zur Wehr setzen. Ihre Kanzlei Am Neutor steht Ihnen mit Herrn Rechtsanwalt Christian Zumdick für ein erstes Beratungsgespräch persönlich oder gern auch telefonisch zur Verfügung.