Mit dem Aufkommen moderner Kommunikationsmittel stellt sich die Frage, ob Arbeitnehmer dienstliche Anweisungen, insbesondere hinsichtlich der Zuweisung von Dienstzeiten per SMS oder WhatsAppNachricht auch außerhalb ihrer regulären Arbeitszeit entgegennehmen müssen. Ein aktuelles Urteil des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) vom 23.08.2023 zum Aktenzeichen 5 AZR 349/22 beleuchtet diese Thematik und gibt eine klare Handlungsrichtlinie vor.

Im vorliegenden Fall sind die Parteien in einem Streit über die (Wieder)Gutschrift von Arbeitsstunden aus dem Arbeitszeitkonto sowie die Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte verwickelt. Der Kläger, ein Notfallsanitäter, ist seit 2003 in Vollzeit bei der Beklagten beschäftigt. Gemäß der Betriebsvereinbarung zu Arbeitszeitgrundsätzen zwischen der Beklagten und dem Betriebsrat können unkonkrete Springerdienste bis 20.00 Uhr des Vortages vor Dienstbeginn konkretisiert werden. Die aktuelle Dienstplanung ist über den SelfService im Internet einsehbar.

Im vorliegenden Fall war für den Kläger ein unkonkreter Springerdienst für den 08.04.2021 im Dienstplan eingetragen. Am 27.04.2021 teilte die Beklagte ihn um 13.20 Uhr ein, dass er am folgenden Tag um 6.00 Uhr in der Rettungswache Dienst leisten solle. Trotz vergeblicher telefonischer Kontaktaufnahme durch die Beklagte erhielt der Kläger eine SMS um 13.27 Uhr mit der Information des zugeteilten Dienstes. Am 08.04.2021 meldete sich der Kläger um 7.30 Uhr telefonisch arbeitsbereit. Die Beklagte zog jedoch einen anderen Mitarbeiter heran und erteilte demn Kläger eine Ermahnung sowie eine Abmahnung wegen unentschuldigten Fehlens, wodurch 11 Stunden von Arbeitszeitkonto abgezogen wurden.

Das Arbeitsgericht wies die Klage auf (Wieder)Gutschrift ab. Das Landesarbeitsgericht gab der Berufung des Klägers größtenteils statt. Jedoch hatte die Revision der Beklagten vor dem Bundesarbeitsgericht Erfolg.

Das Bundesarbeitsgericht argumentierte, dass der Kläger keine Korrektur des Arbeitszeitkontos für den 08.04.2021 verlangen nne, da die Beklagte sich nicht im Annahmeverzug befand. Der Kläger habe die geschuldete Arbeitsleistung nicht ordnungsgemäß angeboten. Die Entscheidung des Gerichts basierte auf der Feststellung, dass der Kläger nicht nur die telefonische Anzeige seiner Einsatzbereitschaft um 07.30 Uhr schuldete, sondern seine tatsächliche Arbeitsleistung um 06.00 Uhr auf der Wache. Die Beklagte hatte gemäß der Betriebsvereinbarung wirksam den Dienst des Klägers konkretisiert und eine entsprechende Weisung erteilt.

Das Gericht betonte, dass der Kläger verpflichtet gewesen sei, die per SMS mitgeteilte Weisung zur Kenntnis zu nehmen. Dies stellte eine Nebenleistungspflicht des Arbeitsvertrages dar, der mit der Arbeitspflicht im direkten Zusammenhang stand und außerhalb der regulären Dienstzeit erfüllt werden musste.

Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts macht deutlich, dass Arbeitnehmer, sofern betriebliche Regelungen dies vorsehen, dienstliche Weisungen zur Konkretisierung von Dienstzeiten, auch wenn sie per SMS übermittelt werden, außerhalb ihrer regulären Arbeitszeit zur Kenntnis nehmen müssen. Eine solche Verpflichtung kann sich aus betrieblichen Regelungen ergeben, die die Konkretisierung von Dienstzeiten bis zu einem bestimmten Zeitpunkt vor Dienstbeginn ermöglichen. Arbeitnehmer sind somit gehalten, auch außerhalb ihrer Dienstzeit auf derartige Mitteilungen zu reagieren und ihre Arbeitsbereitschaft entsprechend zu bekunden.

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