Das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg hat im Beschluss vom 11.09.2024 zum Aktenzeichen 8 U 36/24 festgestellt, dass der Embryo mit der Einnistung in die Gebärmutterschleimhaut seine rechtlich Eigenständigkeit verliert. Wird also eine Stute verkauft, von der angenommen wurde, sie habe einen eingesetzten Embryo verloren, erwirbt der neue Eigentümer dennoch auch das spätere Fohlen.
In dem entschiedenen Fall erwarb ein Mann eine Stute, bei der sich nach dem Kauf herausstellte, dass sie bereits trächtig war. Die Vorbesitzerin hatte ursprünglich vorgehabt, die Stute als „Leihstute“ zu nutzen, ging aber zum Zeitpunkt des Verkaufs davon aus, dass der eingesetzte Embryo verloren gegangen war. Nach der Geburt des Fohlens forderte der ursprüngliche Eigentümer des genetischen Muttertiers die Herausgabe des neugeborenen Hengstfohlens. Sowohl vor dem erstinstanzlichen Landgericht, als auch in der Berufung blieb er erfolglos.
Nach Auffassung des OLG Oldenburg darf der Embryo gemäß § 93 BGB nach der Nidation nicht mehr von der Stute getrennt werden und ist damit nicht mehr als eigenständiger Rechtsträger anzusehen. Die Richter betonten, dass der Embryo ohne die Stute nicht leben könne, weshalb das Muttertier eine zentrale Rolle für das werdende Leben spielt. Die Tatsache, dass diese Verbindung lediglich elf Monate andauert, ist dabei unerheblich.
Unabhängig davon, ob die Trächtigkeit der Stute durch natürliche Zeugung, Besamung oder Embryotransfer zustande gekommen ist, würde nach allgemeiner Auffassung das Tier und das ungeborene Leben als eine untrennbare Einheit betrachtet. Mit der Nidation tritt die Rechtsfolge des § 947 Abs. II BGB ein. Durch die Verbindung erwirbt der Eigentümer der Stute das Alleineigentum am Embryo. Auch nach der Geburt erlangt das Fohlen keine eigenständige Rechtsfähigkeit zurück, da dies zu unklaren Eigentumsverhältnissen führen würde. Der Embryo ist zudem nicht als Zubehör nach § 97 BGB anzusehen.
Somit bleibt das Fohlen im Eigentum des Käufers der Stute und der Anspruch auf Herausgabe des ursprünglichen Eigentümers wurde abgewiesen.
Die Entscheidung des OLG Oldenburg zeigt deutlich, dass bei der Behandlung von Tieren im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) diesen eine Sonderstellung eingeräumt wird. Tiere sind vom Gesetz nicht als Sache angesehen, werden aber als solche behandelt.