Grundsätzlich gilt, egal ob Mensch, Tier oder Gegenstand, dass derjenige, der einen Menschen oder ein Tier verletzt oder eine Sache beschädigt, zum Ersatz des Schadens bzw. zur Tragung der Behandlungskosten verpflichtet ist. Ebenso kann es bei verletzten Personen zur Verpflichtung von Schmerzensgeldzahlungen durch den Schädiger kommen.

Bei beschädigten Gegenständen ist die Grenze des Schadensersatzes oft durch den Wert der Sache beschränkt. Wird beispielsweise bei einem Verkehrsunfall ein Kraftfahrzeug mit einem Wert von 5.000,00 € derart schwer beschädigt, dass die Reparaturkosten bei 8.000,00 € liegen, so ist mit Ausnahme der sogenannten 130%-Regelung der Schadensersatz auf den sogenannten Wiederbeschaffungswert, also im vorliegenden Beispiel 5.000,00 € beschränkt.

Etwas anderes kann bei den Behandlungskosten eines verletzten Tieres gelten. Dies hat nunmehr das OLG Celle in seinem Urteil vom 15.02.2023 zum Aktenzeichen 20 U 36/20 entschieden. In dem vom OLG Celle zu entscheidenden Fall ist ein über 20 Jahre altes Pferd mit einem Wert von ca. 300,00 € von einem Hund gejagt worden. Der Hund drang auf eine Pferdekoppel ein und jagte das Pferd über eine längere Strecke. Während der Flucht stürzte das Pferd mehrfach und verletzte sich dabei nicht unerheblich. Die Kosten für die Behandlung des Tieres beliefen sich auf ca. 14.000,00 €.

Diese Behandlungskosten verlangte der Eigentümer des Pferdes von dem Halter des Hundes erstattet. Der Hundehalter argumentierte, dass die Behandlungskosten den objektiven Wert des verletzten Pferdes erheblich übersteigen würden. Ebenso argumentierte er, dass der Schaden letztlich durch den Fluchtinstinkt des Pferdes verursacht worden sei, da dieses vor seinem Hund geflohen sei. Mindestens müsste jedoch ein Mitverschulden angerechnet werden.

Grundsätzlich regelt § 90 a BGB, dass Tiere keine Sachen sind. Auf Tiere sind jedoch die für Sachen geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist. Man kann also den Grundsatz nachvollziehen, dass der Halter des Hundes hier argumentierte, dass rechtlich das Pferd ähnlich einem beschädigten Kraftfahrzeug wie in dem obigen Beispiel zu behandeln ist.

Das OLG Celle hat in dem vorbenannten Urteil jedoch anders entschieden. Es hat klargestellt, dass wenn ein Tier verletzt wird, es sein kann, dass der Schädiger Behandlungskosten zu ersetzen hat, die den objektiven Wert des Tieres um ein vielfaches überschreiten. Das OLG führt aus, dass aufgrund der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf und schmerzempfindlichen Lebewesen sich eine streng wirtschaftliche Betrachtungsweise verbietet. Es seien vielmehr sämtliche Umstände abzuwägen, u. a. die Erfolgsaussichten der Behandlung, das Alter des Tieres und die Beziehung des Halters zu ihm.

Im vorliegenden Fall war es das Pferd, dass dessen Halter erworben hatte. Er hatte zu diesem Pferd von Anfang eine besonders enge Bindung.  Insoweit sei es angemessen, dass die Behandlungskosten im vorliegenden Fall vollständig zu ersetzen sind.

Auch hat das OLG Celle entschieden, dass der Halter des Hundes den gesamten Schaden ersetzen musste. Ein Mitverschulden wurde nicht angenommen. Im vorliegenden Fall hatte das Pferd nicht etwa bloß aufgrund eines kurzen Erschreckens gescheut und sei dann weggelaufen. Vielmehr sei es von dem Hund über die Koppel, über den Weidezaun und weiter über Straßen und Wege bis in die nächste Ortschaft getrieben worden. Das Gericht ging davon aus, dass diese von dem Hund ausgehende Gefahr den eigenen Verursachungsbeitrag durch das Pferd durch den reinen Fluchtinstinkt überwogen hat.

Für den Fall, dass ein Haus- oder Nutztier von Ihnen durch einen Dritten oder ein anderes Tier verletzt wurde, können Sie sich hinsichtlich etwaiger Schadensersatzansprüche gegenüber dem Verursache mit der Kanzlei Am Neutor in Verbindung setzen. Insbesondere wenn möglicherweise eine gegnerische Tierhalterhaftpflichtversicherung Einwände erhebt, ein Mitverschulden behauptet oder die Höhe der Behandlungskosten moniert, sollten Sie sich unverzüglich mit uns in Verbindung setzen. Gern stehen wir Ihnen nach telefonischer Rücksprache für ein erstes Beratungsgespräch zur Verfügung.