Grundsätzlich haftet eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) für Verbindlichkeiten aller Art nur mit ihrem Gesellschaftsvermögen. Der berufene Geschäftsführer haftet gemäß § 43 Abs. 1, 2 GmbHG nur dann, wenn der Gesellschaft ein Schaden entsteht, weil der Geschäftsführer die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes missachtet.

Das Bundesarbeitsgericht hatte nun die Frage zu entscheiden, ob für den Fall, dass eine GmbH ihren Arbeitnehmern nicht den gesetzlichen Mindestlohn zahlt, hierfür der Geschäftsführer haften kann. In seinem Urteil vom 30.03.2023 hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) zum Aktenzeichen 8 AZR 120/22 entschieden, dass die Geschäftsführer einer GmbH nicht persönlich für den Schadensersatz haften. Auch wenn die Geschäftsführer nach dem Mindestlohngesetz (MiLoG) möglicherweise ein Bußgeld zahlen müssen, stellt der Bußgeldtatbestand des Mindestlohngesetzes kein Schutzgesetz gemäß § 823 Abs. 2 BGB zugunsten der Arbeitnehmer der GmbH im Verhältnis zu den Geschäftsführern dar.

Im zu entscheidenden Fall hat ein technischer Zeichner zwei Geschäftsführer einer zahlungsfähigen GmbH persönlich auf Schadensersatz in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns verklagt. Er hatte im Juni 2017 an 22 Arbeitstagen kein Lohn erhalten. Im November desselben Jahres wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Unternehmens eröffnet. Das Bundesarbeitsgericht, wie zuvor auch das Arbeitsgericht Gera und das Landesarbeitsgericht Thüringen, verneinte den Schadenersatzanspruch gegen die Geschäftsführer nach § 823 Abs. 2 BGB OWiG i. V. m. § 1 MiLoG. Die Pflichten von Gesellschaftern sind grundsätzlich auf ihr Verhältnis zur Gesellschaft beschränkt. Auch die Pflicht, dass die Gesellschaft sich rechtmäßig verhält, dient nicht dem Schutz der Gläubiger der Gesellschaft, sondern mehr der Gesellschaft. Eine Haftung gegenüber außenstehenden Dritten, wie dem ehemaligen Mitarbeiter als Kläger, besteht im Allgemeinen nicht. Die beschränkte Haftung des § 43 Abs. 2 GmbHG gilt ausschließlich gegenüber der Gesellschaft und zeigt, dass Schadensersatzansprüche wegen nicht ordnungsgemäßer Geschäftsführung die Gesellschaft selbst betreffen, nicht externe Dritte, so das Bundesarbeitsgericht im oben angegebenen Urteil unter Verweis auf seine ständige Rechtsprechung.

In Bezug auf die Nichtzahlung des Mindestlohns gibt es keinen besonderen Haftungsgrund. Der Bußgeldtatbestand nach § 21 Abs. 1 Nr. 9 i. V. m. § 20 MiLoG stellt kein Schutzgesetz zugunsten der Arbeitnehmer im Verhältnis zu den Geschäftsführern der arbeitgeberseitigen GmbH dar. Eine Annahme eines Schutzgesetzes würde dazu führen, dass Geschäftsführer von Arbeitnehmern selbst bei nur leicht fahrlässiger Verwirklichung des Bußgeldbestandes gemäß § 823 Abs. 2 BGB auf Schadensersatz in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns in Anspruch genommen werden könnten. Dies würde bedeuten, dass die Arbeitnehmer neben der GmbH als ihrem Vertragsarbeitgeber de facto zusätzlich Schuldner in den Geschäftsführern hätten, was das Haftungssystem der Gesellschaft mit beschränkter Haftung in Bezug auf die Vergütungspflicht des Arbeitsgebers erheblich beeinträchtigen würde.

Bei Fragen rund um das Thema „Arbeitsrecht“ steht Ihnen Ihre Kanzlei Am Neutor mit Herrn Rechtsanwalt Christian Zumdick mit ihrer jahrelangen Erfahrung in der Beratung und Vertretung von Arbeitnehmern und Arbeitgebern gern zur Verfügung. Bitte vereinbaren Sie hierzu einen Besprechungstermin persönlich oder auch gern telefonisch.